Der Schrecken des leeren Blattes - Tricks, um mit dem Schreiben zu starten

So mancher Schreiberling ist schon erzittert beim Anblick des bekannten Gegners – das leere Blatt – ein Schreckgespenst, das zu schockieren weiß. Zum Glück gibt es Tricks mit denen man sich wappnen kann, um selbst zum Geisterjäger zu werden und das leere Blatt besiegen zu können. Heute lade ich dazu ein mit mir ein paar einfache Übungen zu machen, die vor allem helfen, wenn man schon weiß, was man eine Schreibaufgabe vor sich hat, aber der Kopf weigert sich, Sätze zu formulieren.

Die Satzpyramide:

Eine kleine Aufwärmübung, die sich auch jederzeit zwischendurch einschieben lässt, ist eine Satzpyramide zu bauen. Man fängt mit einem Wort an – ein Wort zu schreiben ist nicht schwer. Der nächste Satz besteht aus zwei Worten. Das bekommt man immer hin. Dann drei und so fort, so weit, wie man mag. Der Sinn ist dabei nicht wichtig, nur dass die Finger und der Kopf in Schwung kommen, zählt. Ich fang schon mal an:

Kamera. Es lebt. Die Jungfer schwebt. Das ist fast unheimlich. Auf einem fantastisch elastischen Trampolin. Der Käfer dort, er schimmert golden. Die Welt, sie dreht sich unbekümmert weiter. Der späte Vogel pfeift abends seine mitreißende Ballade. Ich horche entzückt mit einem Ohr an der Laube. Der Tag war lang, ich sinke zurück und wache auf.

 

Ja, Sinn muss es nicht unbedingt ergeben 😅. Es geht wirklich nur ums Aufwärmen und das klappt oft ganz gut mit solchen Spielereien.

Mikro-Texte:

Wenn mein Selbstbewusstsein daran zweifelt, dass ich überhaupt Texte formulieren kann, greife ich zu härteren Mitteln. Dann schreibe ich zum Beispiel Mikro-Texte. Und dafür gibt es die verschiedensten Herangehensweisen. Fangen wir bei einer Runde im Zimmer an.

Die Zimmerrunde:

Die Aufgabe ist, sich umzusehen und einen Satz pro Gegenstand zu schreiben – natürlich nicht über jeden Gegenstand, sagen wir mal, über fünf. Ich mach das mal schnell:

Ich sollte die Schreibtischlampe wieder einstecken. Mein Journal ist fast vollgeschrieben, zum Glück habe ich schon ein Neues. Der Polster in meinem Rücken stützt mich angenehm. Das kleine Tischchen ist – wie der Name schon sagt - sehr klein, aber das macht es auch entzückend. Diese Karaffe neben mir würde mit Wasser drinnen noch besser aussehen und ich könnte eine Erfrischung gut vertragen.

Fertig. Keine Sorge, wenn das am Anfang nicht gleich so schnell gelingt. Übungen wie diese, helfen sehr gut gegen diese kleinen Blockaden, die gerne beim Formulieren auftauchen. Wer sich also damit schwer tut, kann sich als Training damit beauftragen, den ganzen Tag lang immer wieder kleine Sätze zu formulieren. Einfach im Kopf. Einfach Zeit lassen dafür, es wird von selber schneller werden, bis es dann ganz einfach ohne Blockade gelingt.

Senf-Zugabe:

Die nächste Mikro-Text-Übung, nenne ich „Meinen Senf dazugeben“. Ich nehme mein Handy zur Hand und suche nach Nachrichten – also im Sinne von News. Eine echte Zeitung tut‘s natürlich auch. Und nun schreibe ich jeweils ein kurzes, nicht allzu ernstes Kommentar zum Thema einer Überschrift. Dazu muss ich den Artikel nicht einmal lesen, irgendetwas in der Überschrift wird mich schon auf etwas bringen. Wichtig ist, dabei zu bedenken, dass diese Kommentare nicht für andere zum Lesen bestimmt sind. Ich halte die Kultur des unbedingten öffentlichen Kommentierens, ohne jegliche Expertise zum Bereich des Themas, eigentlich nicht für förderungswürdig. Aber als Übung für einen selbst, ist das schon okay. Ich werde es hier mal ausnahmsweise öffentlich machen:

Ist ein Trojanisches Schild eigentlich aus Holz oder sieht es einfach nicht aus wie ein Schild, sondern tarnt sich als Waschlappen? – Ah, ich weiß es, es ist ein Schild auf dem „Troja“ steht, das habe ich in Prag oft gesehen auf dem Weg in den Zoo.

Wenn der Kanzler tatsächlich Geld scheißen kann, wie in dem Chat beschrieben, macht ihn das dann nicht zu einem Esel? Wer hat dann das Tischlein, deck dich? Und wer den Knüppel aus dem Sack?

Ganymed sieht tatsächlich sehr mondhaft aus. Unser Mond trägt also klassischen Mond-Look zur Schau... Ist das gerade in Mode oder sind beide einfach ein bisschen altmodisch?

 Und schon habe ich einen kleinen Absatz, der mich genug aufgewärmt hat, um mehr zu schreiben.

Bildbeschreibungen:

Wer lieber die Finger von Nachrichten lässt, der kann auch einfach Fotos beschreiben. Ich schaue mal kurz auf Instagram rüber, was ich da finde und beschreibe drei Bilder:

Ein Känguru kauert sich im Schnee unter einen rot-schwarz gestreiften Regenschirm – ja, es handelt sich um ein tatsächliches Foto und nicht um eine Illustration aus einem Kinderbuch.

Eine stille Gasse in Barcelona. Niemand ist zu sehen, aber große Palmenblätter ragen auf der rechten Seite ins Bild. Links, vor einem bewachsenen Durchgang am Ende der Gasse, steht ein unscheinbares Schild in die Straße hinein, auf dem in simplen Lettern drei Buchstaben zu lesen sind: Bar.

Ein Foto von James Acaster aus seinem brillanten Stand-Up-Programm Repertoire. Sein in Estragon-Senf gehaltener Pullover sieht gut aus vor dem Estragon-Senf-farbenen Hintergrund. „Cutting cheese in my own kitchen like a proper adult – no help, stabilizers off”, steht da als Untertitel. Ich erinnere mich gut an dieses Programm, ich schmunzle, wenn ich nur dran denke.

Also auch das, ist eine Möglichkeit die Schreibarbeit zu beginnen. Habe ich so einen Absatz mal geschrieben, weiß mein Kopf wieder, wie es geht und meine Selbstzweifel müssen zugeben, dass ich Sätze formulieren kann.

 

So, jetzt bin ich aber so arg aufgewärmt, dass ich gleich mal loslegen sollte. Und keine Sorge, es werden schon noch ein paar Blogposts zu dem Thema kommen, die sich auf andere Gründe für den Schrecken des leeren Blattes beziehen werden. Andere Ursachen brauchen natürlich auch andere Lösungsansätze.

 

Viel Spaß beim Schreiben und Üben❤️

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